Weiden. (sbü) Zum einem Vortragsabend „Muslime in Bayern“ hatte die Volkshochschule Weiden zusammen mit dem Integrationsprojekt FAMAK eingeladen. Mohamad Abu El-Qomsan, 1. Vorsitzender des Landesverbands Bayern des Zentralrats der Muslime in Deutschland, war gekommen. Abu El-Qomsan informierte anhand von Zahlen und Fakten, aber auch mit viel Hintergrund.
Zunächst berichtete er, dass in Bayern circa 650000 Muslime leben würden. Ganz genau wisse man es aber nicht, denn es gebe kein Verzeichnis. 59 Prozent davon stammten aus der Türkei, rund drei Viertel seien Sunniten. Die Zahl der Muslime in Deutschland würde „langfristig so bleiben, denn schon die zweite Generation passt sich im Geburtsverhalten an“.
Viele Christen und Atheisten
Als Muslim würden gemeinhin alle Menschen bezeichnet werden, deren Wurzeln in einem arabischen Land liegen. Doch es gebe auch viele Atheisten unter den Muslimen und auch Christen seien aus arabischen Ländern zugewandert. „Die Gesellschaft sollte uns differenzierter wahrnehmen“, wünscht El-Qomsan. Dazu zählt für ihn auch die Feststellung „nicht jeder, der spinnt und schießt, macht dies wegen der Religion“. Der Vorsitzende bedauert, dass eine „gemeinsame Struktur“ aller Muslime weder in Deutschland noch in Bayern bisher gelungen sei.
In einer Übersicht zeigt er neun Gruppierungen auf. Die größte davon ist die DITIP, die Türkisch-Islamische Union, die als Ableger der türkischen Religionsbehörde gegründet wurde. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland stehe erst an vierter Stelle. DITIP beanspruche die Vertretung aller Muslime in Deutschland. Andere Bundesländer hätten initiativ alle muslimischen Gruppen zu Gesprächen eingeladen, doch „in Bayern habe ich das Gefühl, dass der politische Wille fehlt“. Ausführlich wurde im Vortrag auch über die Möglichkeit der Anerkennung der Muslime als Religionsgemeinschaft gesprochen. Infrage käme die öffentlich-rechtliche Körperschaft oder ein Staatsvertrag. Nur in Bremen und Hamburg gebe es Letzteren.
Vorgestellt wurde das „Erlanger Modell“ als Pilotprojekt für islamischen Religionsunterricht und für Islam-Studiengänge an der Universität. „Muslime verstehen so langsam wie die Gesellschaft hier tickt“, bemerkte El-Qomsan und verwies auf die Gründung des muslimischen Bildungswerks in Erlangen. Für ihn gibt es zwei wichtige Ansätze. Der eine ein innermuslimischer Dialog, denn „vieles ist immer noch krank in der muslimischen Bevölkerung“. Außerdem gehe es um eine stärkere Kommunikation mit der Gesellschaft.
Nicht jeder, der spinnt und schießt, macht dies wegen der Religion. Mohamed Abu El-Qomsan, Landesvorsitzender Zentralrat der Muslime in Deutschland
Wenig Hetze in Moscheen
Ein weiteres Thema war die Radikalisierung im Islam. Dazu meinte der Vorsitzende: „Radikalisierungen gibt es eher in den sozialen Medien und nicht in den Moscheen.“ Die wenigen salafistischen Moscheen seien eine kleine Minderheit. Für El-Qomsan, der die deutsche Sprache in den Moscheen befürwortet, „kommt die größte Gefahr aus Familien, die wenig mit Religion zu tun haben“.
Das Beste sei der Islamunterricht, der auf der Basis des Grundgesetzes erfolge. Der Modellversuch „Islamischer Unterricht“ an 350 bayrischen Schulen laufe demnächst aus, leide allerdings auch unter dem Mangel an speziell ausgebildeten Islamlehrern. In der Diskussion bezeichnete ElQomsan den Konflikt in Palästina „politisch motiviert“, erklärte die Ursache des Sunniten-Schiiten-Problem als „viele hundert Jahre zurückliegend“ und bat um Verständnis für religiös verletzte Gefühle bei Karikaturen über den Propheten („Ignorieren ist die beste Methode, kein Grund für die Todesstrafe“).